Laura Levstock: Und was macht man mal damit?

Laura Levstock betrachtet einen Fliegenpilz, der von der Decke hängt.

„Und was macht man mal damit?” Kaum eine Person, die ein sprachwissenschaftliches Studium studiert, kennt diese Frage nicht. Dies liegt wohl auch daran, dass viele sprachwissenschaftliche Studien zu den Orchideenfächern gezählt werden. Wikipedia zählt zum Beispiel Sprechwissenschaft, Onomastik, Afrikanistik oder Keltologie zu den Orchideenfächern. Karrierebibel.de schreibt, dass „[e]in weiteres großes Feld [für Ochideenfächer] bieten etwa die Sprachwissenschaften.” Auf der gleichen Seite heißt es in Bezug auf Berufsaussichte dazu, dass „diese Fächer [häufig] auf eine wissenschaftliche Laufbahn ausgelegt [sind] und legen den Schwerpunkt auf die Forschung.” In Bezug auf Berufsaussichten resümiert die Seite studis-online.de, dass viele Berufsfelder denkbar sind, bleibt aber leider sehr unspezifisch.

Mit unserer Reihe „Und was macht man mal damit?” stellen wir euch Personen vor, die sprachwissenschaftliche Studien absolviert haben. Wir zeigen euch, warum sich diese Personen für ein sprachwissenschaftliches Studium entschieden haben und beantworten die Frage, was sie heute damit machen. Heute mit Laura Levstock.

Warum hast du dich für ein Linguistik Studium entschieden?

Auf diese Frage habe ich gar keine spannende Antwort. Ich habe eigentlich Romanistik studiert und ein Teil des Studiums war auch der Sprachwissenschaft gewidmet. Das fand ich allerdings gar nicht spannend und heute weiß ich warum: An dem Institut werden zu großen Teilen strukturalistische Ansätze gelehrt. Ich nahm dann aber an einer Lehrveranstaltung teil, in der wir sprachwissenschaftliches Wissen anwenden mussten, was meine ganze Meinung zur Sprachwissenschaft geändert hat. Kurz darauf habe ich mich entschlossen, Sprachwissenschaft als Zweitstudium zu beginnen. Aus dem Zweitstudium wurde dann aber schnell ein riesiges Interesse.

Was fasziniert dich an der Sprachwissenschaft?

Mich fasziniert, dass wir durch (angewandte) sprachwissenschaftliche Perspektiven die Möglichkeit haben, zu verstehen, welche Bedeutungen hinter Aussagen etc. stehen. Wir können aus dem, was an der Oberfläche vorhanden ist (etwa durch Texte, Bilder, Konversationen etc.) an Tieferliegendes gelangen. Wir gelangen zu Ideologien, Topoi, Vertextungsmustern, jegliche kommunikative Strategie usw.

Was hat dich während deines Studiums besonders interessiert?

Besonders interessiert hat mich das Modul zur Wissenschaftstheorie und Geschichte der Sprachwissenschaft, weil man darin lernt, was überhaupt alles als Wissen gelten kann und dass Wissen am Ende des Tages eine soziale Abmachung ist. Wir loten als Gesellschaft/Gemeinschaft aus, was für uns Wissen ist und was nicht. Und genau das gleiche gilt für Wissenschaft. Wir haben bestimmte Ideen darüber, was wissenschaftliches Wissen ist und wie es (re)produziert werden soll. Diese Ideen sind abhängig von der Zugehörigkeit zu gewissen Gruppen.

Was machst du jetzt? Wie bist du dorthin gekommen? Was hat Linguistik mit deiner derzeitigen Arbeit zu tun? 

Jetzt arbeite ich als Referentin für Organisationsentwicklung im Klimaschutzministerium (BMK), wo ich unterschiedliche Aufgaben übernehme. Einerseits kümmere ich mich um Meetingdesigns, die dazu dienen sollen, so nachhaltig wie möglich das Ziel der jeweiligen Sitzung zu erreichen, sodass alle Beteiligten zufrieden und nicht vollkommen erschöpft aus den meist doch sehr fordernden Besprechungen kommen. Andererseits führe ich regelmäßig Schulungen für eine Gruppe durch, die sich intern um kommunikative Angelegenheiten (wie Moderationen, Interventionen etc.) kümmert. Außerdem bin ich für einige weitere Aufgaben verantwortlich, die alle im Endeffekt mit der Verbesserung von Kommunikation zu tun haben. Und so sieht man auch, was die (Angewandte) Linguistik mit meiner Arbeit zu tun hat: Ich wende Wissen aus unterschiedlichen Feldern (Diskursanalyse, Pragmatik, Gesprächsanalyse, Ethnografie) praktisch an und versuche dadurch die Kommunikation so zu verbessern, sodass für alle Beteiligten ein möglichst angenehmes Arbeitsklima hergestellt wird.